„Es ist nicht der Kritiker, der zählt,
nicht derjenige, der aufzeigt, wie der Starke gestolpert ist
oder wo der, der Taten vollbracht hat, sie hätte besser machen können.
Die Anerkennung gebührt dem, der wirklich in der Arena ist;
dessen Gesicht verschmiert ist von Staub und Schweiß und Blut;
der tapfer strebt;
der irrt
und wieder und wieder
scheitert,
denn es gibt keine Anstrengung ohne Irrtum und Fehler;
der jedoch wirklich danach strebt, die Taten zu vollbringen;
der die große Begeisterung kennt,
die große Hingabe,
und sich an einer würdigen Sache verausgabt;
der, im besten Fall, am Ende den Triumph der großen Leistung erfährt;
und der,
im schlechtesten Fall,
wenn er scheitert,
zumindest dabei scheitert, dass er etwas Großes gewagt hat,
so dass sein Platz niemals bei den kalten und furchtsamen Seelen sein wird,
die weder Sieg noch Niederlage kennen.“
– Theodore Roosevelt
Brené Brown zitiert diesen markigen Satz, der ein wenig an das blood, sweat and tears –Zitat von Churchill erinnert, in allen ihren Büchern, und hat ihr drittes Buch danach benannt: „Daring greatly“ .
Das Roosevelt-Zitat vom Mann in der Arena, das ich hier übersetzt habe, kommt bei den Rehabilitandinnen gut an, sie wollen es sofort aufschreiben, kopieren, mitnehmen… Ich vermute, das liegt daran, dass sie, wie auch Menschen, die einen großen Verlust, ein Unglück oder ein Scheitern erfahren, sich manchmal umgeben finden von Menschen in der Position des Kritikers aus dem Zitat, die, ohne selber in der Arena zu sein, es besser wissen.
In einem mittlerweile berühmten Vortrag http://www.youtube.com/watch?v=QMzBv35HbLk macht die Sozialwissenschaftlerin Brené Brown (Fachbereich Soziale Arbeit an der University of Houston, Texas) deutlich, was zwischen Menschen passiert, wenn Verletzlichkeit sichtbar wird.
Es geht ihr um den Unterschied zwischen Sympathie und Empathie:
Sympathie beschämt, während Empathie stärkt.
Die Verletzlichkeit anderer Menschen kann uns Angst machen. Eine empathische Haltung erfordert, dass wir in uns selbst die Stelle finden, wo es uns so geht wie dem anderen Menschen, dass wir uns also unserer eigenen Verletzlichkeit stellen und sie anerkennen, indem wir uns dem anderen zuwenden.
Das löst die Scham auf, verbindet, tröstet und stärkt. Beide.
Diese einfache Erklärung erleichtert viele Menschen, die Schwieriges erleben, denn sie machen zusätzlich zum ursprünglichen Problem gelegentlich die schmerzliche Erfahrung, dass Freundinnen und Freunde, WeggefährtInnen oder Verwandte sich abwenden.
Auch in der sozialen Arbeit wie in der Begleitung oder Betreuung von kranken, trauernden, scheiternden Menschen ist es immer wieder wichtig, sich der eigenen professionellen Haltung zu vergewissern: Sympathie oder Empathie?
Sympathie, so hat Brown herausgefunden, schwächt die Empfänger, denn sie stellt sie allein, stellt sie bloß, sondert sie aus, verweigert ihnen die menschliche Verbindung auf der Grundlage der prinzipiellen Gleichheit. Brown illustriert:
„Wie geht’s Dir da unten in Deiner Grube? Muss schlimm sein! (Ich bin Gottseidank nicht dort.)“
Diese Verweigerung entsteht aus den Bedürfnis, sich zu distanzieren von dem Unglück, der mangelnden Perfektion, der Krankheit und der Verletzlichkeit, die wir bei anderen wahrnehmen.
Empathie hingegen entsteht, wenn wir uns einbeziehen können: Ich auch.
„Ich mag nicht in Deiner aktuellen Lage sein, aber wie es sich anfühlt, Angst zu haben, verletzlich zu sein, zu trauern, zu scheitern, sich zu schämen, Schmerzen zu haben, das kenne ich auch. Da geht es mir wie dir. “
Das Mitgefühl dessen, der weiß und fühlt, dass er selbst auch in der Arena steht, hilft, die lähmende Scham über die Erfahrung der eigenen Verletzlichkeit zu bearbeiten, es kann stärken und beglücken, macht wieder handlungsfähig, gibt Selbstrespekt, hilft bei der Veränderung, fördert Innovation.
Mit anderen zu fühlen, empathisch zu sein, uns an die Seite zu stellen, kann uns selber helfen, die Kälte und Furchtsamkeit der eigenen Seele zu erwärmen, auf dass wir nicht einsam (und ein bisschen erleichtert, dass es uns nicht getroffen hat…) am Rand stehen, während unsere nearest and dearest mit Hingabe (und Staub, Schweiß und Blut, manchmal) in der Arena sind, trauernd, krank, irrend, scheiternd, sich selber wagend:
daring greatly.
Ein wunderbarer Cartoon: „In the Arena“ zum LAUT AUFLACHEN dazu auf zenpencils, einer Seite, die sich sowieso lohnt:
http://zenpencils.com/comic/139-brene-brown-the-woman-in-the-arena/
Auf deutsch sind von Brené Brown bisher erschienen: Die Gaben der Unvollkommenheit: Leben aus vollem Herzen.
Und:
Verletzlichkeit macht stark: Wie wir unsere Schutzmechanismen aufgeben und innerlich reich werden.
Und hier noch das englische Originalzitat von Theodore Roosevelt, das klingt ein bisschen 19. Jahrhundert-heroisch und hat rhetorischen Schwung:
“It is not the critic who counts;
not the man who points out how the strong man stumbles,
or where the doer of deeds could have done them better.
The credit belongs to the man who is actually in the arena,
whose face is marred by dust and sweat and blood;
who strives valiantly;
who errs, who comes short again and again,
because there is no effort without error and shortcoming;
but who does actually strive to do the deeds;
who knows great enthusiasms, the great devotions;
who spends himself in a worthy cause;
who at the best knows in the end the triumph of high achievement,
and who at the worst, if he fails, at least fails while daring greatly,
so that his place shall never be
with those cold and timid souls who neither know victory nor defeat.”
– Theodore Roosevelt