Kategorie-Archiv: Gedichte in der KraftquellenArbeit

Es gibt heilsame Worte, manchmal kommen sie von DichterInnen, manchmal haben wir sie selber gefunden, z.B. in der KraftquellenArbeit mit Haikus.

Pflanze unmögliche Gärten: 2016

Jeder Mensch ist ein Künstler

Lass Dich fallen. Lerne Schlangen zu beobachten.
Pflanze unmögliche Gärten.
Lade jemanden Gefährlichen zum Tee ein.
Mache kleine Zeichen, die „ja“ sagen
und verteile sie überall in Deinem Haus.

Werde ein Freund von Freiheit und Unsicherheit.
Freue Dich auf Träume.
Weine bei Kinofilmen,
schaukle so hoch Du kannst mit einer Schaukel bei Mondlicht.

Pflege verschiedene Stimmungen,
verweigere Dich, „verantwortlich zu sein“ – tu es aus Liebe!
Mache eine Menge Nickerchen.
Gib Geld weiter. Mach es jetzt. Das Geld wird folgen.
Glaube an Zauberei, lache eine Menge.
Bade im Mondschein.

Träume wilde, phantasievolle Träume.
Zeichne auf die Wände.
Lies jeden Tag.
Stell Dir vor, Du wärst verzaubert.
Kichere mit Kindern. Höre alten Leuten zu.
Öffne Dich. Tauche ein. Sei frei.

Preise Dich selbst.

Lass die Angst fallen, spiele mit allem.
Unterhalte das Kind in Dir. Du bist unschuldig.
Baue eine Burg aus Decken. Werde nass. Umarme Bäume.
Schreibe Liebesbriefe.
– Joseph Beuys

6. Juni 15 Garten 084Allen, die dieses Jahr mit mir unmögliche Gärten gepflanzt haben:
Guten Rutsch
in ein
fröhliches,
ausbalanciertes
und
durch und durch erfreuliches Jahr 2016!

 

 

Das Gegenmittel für Verwirrung

Magnolie april 15 123

„I stood willingly and gladly
in the characters of everything
other people, trees, clouds.

And this is what I learned, that

the world’s otherness is antidote to confusion

that standing within this otherness
— the beauty and the mystery of the world,
out in the fields or deep inside books
can re-dignify the worst-stung heart.“

Mary Oliver: „Staying Alive“

„Gerne und  freiwillig
habe ich mich in die Rolle von allem begeben
– andere Menschen, Bäume, Wolken.
Und dies habe ich gelernt:
dass
das
Anders-Sein der Welt das Gegenmittel für Verwirrung ist
dass das Sein mit dem Anders-Sein
–  der Schönheit und dem Geheimnis der Welt,
draußen auf den Feldern oder tief in Büchern versunken –
auch das schmerzendste Herz
wieder  in seinen würdigen Zustand versetzen kann.“  

Wild Geese, von Mary Oliver

Die Dichterin Mary Oliver ist meine Entdeckung dieses Frühlings, und weil ihre Gedichte so nah an der Natur sind, weil sie ihre Inspirationen aus ihren täglichen Gängen durch die Natur bezieht, aus dem schlichten SEIN mit dem, was ist, sind ihre Worte eine Kraftquelle für mich, und ich zitiere ihre Gedichte gelegentlich in den Veranstaltungen der KraftquellenArbeit.

Wild Geese 

You do not have to be good.
Du musst nicht gut sein.
You do not have to walk on your knees
Du musst nicht auf den Knien rutschen
for a hundred miles through the desert repenting.
hundert Meilen durch die Wüste, büßend.
You only have to let the soft animal of your Body
Du musst nur das weiche Tier deines Körpers
love what it loves.
lieben lassen was es liebt.
Tell me about despair, yours, and I will tell you mine.
Zeig mir Verzweiflung, deine,  und  ich zeig Dir meine.
Meanwhile the world goes on.
Inzwischen dreht sich die Welt weiter. Continue reading

Lieben, was sterblich ist: In Blackwater Woods, von Mary Oliver

Look, the trees                                                     Schau, die Bäume
are turning                                                           verwandeln
their own bodies                                                   ihre eigenen Stämme
into pillars                                                            in Säulen
of light,                                                               aus Licht, Continue reading

… feiern und tanzen!

DSC00366… gestern sagte eine Rehabilitandin, als es um die Jahresernte ging, zu einer anderen, jüngeren, die eben etwas verzweifelt schien: „Weißt du, es hat einfach keinen Sinn, weiter dumm zu sein und so zu leben, wie andere es dir vorsagen.“ Und  weiter: „Ich kann einfach jeden Tag glücklich sein, egal wie meine Diagnose ist.“

 

– Hier ist, als Poem to go, für den Weg in den Jahreswechsel, ein Gedicht von Daniel Ladinsky:

Stille

Ein Tag der Stille
kann  wie eine Pilgerreise sein.
Ein Tag der Stille
kann Dir helfen,
der Seele zu lauschen,
Wie sie ihre wunderbare Laute und Trommel spielt.
Ist Reden nicht meistens
die verrückte Verteidigung einer einstürzenden Festung?
Ich dachte, wie wären hierher gekommen,
Um uns in Stille hinzugeben,
Um uns dem Licht und dem Glück zu ergeben,
Um innerlich den Sieg der Liebe
zu feiern und zu tanzen!

Daniel Ladinsky: Ich hörte Gott lachen. Gedichte inspiriert von Hafiz. Arbor Verlag, Freiburg im Breisgau 2011

DSC00316Allen TeilnehmerInnen der KraftquellenArbeit im Reha-Zentrum Utersum, den Organisatorinnen und Teilnehmerinnen der Kraftquellenseminare in Hamburg und Thierstein (ja!), allen, die mir Rückmeldungen gegeben haben und mir deutlich gemacht haben, wie sie für sich Gutes in dieser Arbeit erfahren haben, und allen, die mich inspiriert und unterstützt haben bei der KraftquellenArbeit: herzlichen Dank, alle guten Wünsche für einen schönen Jahresausklang und einen guten Rutsch in  ein zauberhaftes, erfüllendes und heiteres Neues Jahr!

Gib Deine Einsamkeit…

Gib Deine Einsamkeit nicht leichtfertig auf.
Lass sie tiefer werden.

Lass sie in dir gären und dich würzen
Wie nur wenige menschliche
Oder gar göttliche Zutaten es können.

Etwas, das meinem Herzen gefehlt hat heute Nacht,
Hat meine Augen so weich gemacht,
meine Stimme
so sanft,
Mein Sehnen nach Liebe
Vollkommen
Klar.

(Hafiz, persischer Dichter, 1320 – ca. 1390. 
Englische Nachdichtung von Daniel Ladinsky in seinem Buch: I Heard God Laughing, von mir übersetzt.
Deutsche Ausgabe:
Daniel Ladinsky:  Ich hörte Gott lachen, Arbor Verlag, Freiburg i.Br.)
6 8 14 105

 

 

 

 

– Und gleich flattert mir ein Kommentar auf den blog:

Herzlichen Dank für die wunderbare Lyrik aus Persien- sie kam mir gerufen auf den Schreibtisch, an dem ich an meinem neuen Buch arbeite: Gedankenmeere auf weißen Blättern fesseln wollen, das ist schon eine unglaubliche Herausforderung. 

Alle Gute weiter für Ihre Arbeit, liebe Claudia Fuchs- und Grüße auf die Insel Annelie Keil

 

Godewind

P1030368Kopf über Wasser
Unter mir das dunkle Nass
Komm! Weiter schwimmen!

Volle Fahrt voraus
Wellentäler sind Antrieb
Zwischen Auf und Ab

P1030057Blick in die Ferne
Ruhender Mittelpunkt
Arme wie Flügel


Guten Morgen Welle

Surfe, gleite, nimm mich mit!
Nur hier, für mich, jetzt!

Fotos und Haikus einer Rehabilitandin, 11.06.2014